Physiologische Chemie Tiermedizin
print


Navigationspfad


Inhaltsbereich

51. Kalenderwoche: Montag

Über die Kombination der Genregulation und Trp

Das genannte Beispiel der Kooperation von zwei Signalen auf der DNA für die Genregulation im Lac Operon Modell, also die Bindungsstelle für das Repressorprotein (Sensor für Lactose) und dann weiter stromaufwärts für den CAP-cAMP Komplex, etabliert das Paradigma der Kombinatorik in der Genregulation. Sequenzbereiche der DNA bestimmen also die Transkription (wo, ob und wie häufig). DNA ist also mehr als kodierend für Proteine (und für funktionelle RNA), und solche Bereiche können Tausende Basenpaare (in der Regel stromaufwärts) umfassen. Faßt man den Komplex bestehend aus Kernpromotor mit der RNA Polymerase II (zuständig für die Synthese von mRNA; diese ist übrigens hemmbar durch das Gift des Knollenblätterpilzes (Amanita phalloides), α-Amanitin) als Motor in Wartestellung (Leerlauf) auf, so gibt es im Promotorbereich molekulare „Gaspedale“ (Enhancer) und „Bremsen“ (Drosselelemente; Silencer). Beginnend mit dem Spezifitätsprotein 1 (Sp1), ist mittlerweile eine große Vielfalt von DNA-bindenden Faktoren in der Genregulation identifiziert: diese arbeiten kombinatorisch zusammen. In der Zusammenschau ergibt sich folgender Ablauf der Kooperation (mit Kombinatorik):

Aktivatoren helfen sich an Verstärkerelemente (DNA Sequenz), Repressoren tun dies an Drosselelemente, was die Funktion der Aktivatoren stört, ihre Aktivität reduziert. Sie besitzen neben einer Bindungsstelle für eine bestimmte DNA Sequenz (Enhancer) noch einen weiteren Kontaktbereich, und zwar für ein Protein, so daß Aktivatoren durch Bindung an Enhancer so positioniert werden, daß sie dann an einen der Koaktivatoren binden. Die Proteine dieser Funktionsgruppe sind als Komplex in räumlicher Nähe zur TATA Box zu finden. Sie stellen eine Steuerzentrale dar, die die von stromaufwärts eingehenden Signale integriert und das Ergebnis dann an die Basalfaktoren weiterleitet. Basalfaktoren erhalten also Informationen (Steuerbefehle) über Bedarf an Produktbildung (RNA) und leiten diese an die RNA Polymerase, die korrekt am Transkriptionsstart (durch u.a. ein TATA Box-bindendes Protein) positioniert ist (im Kernpromotor). Der Fluß der Information verläuft somit von Steuerelementen über Koaktivatoren zu den Basalfaktoren, die die am Startblock sitzende RNA Polymerase auf den weg schicken.

Räumliche Faltung des DNA Fadens bringt in der Sequenz weit entfernte Bereiche in räumliche Nähe, die schon besprochenen posttranslationalen Modifizierungen von Histonen (Histoncode) beeinflussen die Zugänglichkeit der DNA. Da sich eukaryontische RNA Polymerase strukturell von den eubakteriellen Proteinen dieser Funktion unterscheiden, sind diese bakteriellen Proteine Zielpunkte von Antibiotika, so der Wirkstoff Rifamycin (aus Streptomyces).

Transkriptionsfaktoren werden aufgrund ihrer Strukturmerkmale in Gruppen eingeteilt. Die Sekundärstruktur (α-Helix) definiert Helix-Loop-Helix und Helix-Turn-Helix Motive (in diesem dient die 3. Helix, positioniert durch seine beiden „Kollegen“, zur Kontaktaufnahme mit der DNA). Wie Finger greifen die Bindungsdomänen der deshalb als Zinkfinger-Motiv-enthaltenden Transkriptionsfaktoren in die DNA. Warum Zinkfinger?

Der Fingerbereich wird dadurch gebildet, daß ein zentrales Zn(2+) mit jeweils zwei Aminosäuren im Anfangs- und im Endbereich der Schlaufe über ihre funktionellen Gruppen (Cys, His) koordiniert gebunden wird [bitte wiederholen Sie die koordinative Bindung/Chelatkomplexe, wie im Wintersemester Allgemeine und anorganische Chemie besprochen].

Und nun noch eine ganz spannende Sache: wie eine Gabel mit zwei Zinken assoziieren zwei Einheiten zu einem Heterodimer der vierten Gruppen, das dann in den DNA Doppelstrang wie zwei Hände greift, die durch Kontakt ihrer Unterarme eine Gabel bilden.

Die Assoziation der beiden Untereinheiten erinnert auf struktureller Ebene an einen Reißverschluß. Wie die Zähne eines Reißverschlusses ist die Aminosäure Leu in den beiden Untereinheiten regelmäßig (an jeder 7. Position) aufgereiht (sie ragt aus dem Gerüst prominent heraus). Leu – das wissen Sie ja schon – ist hydrophob, also ist Bildung hydrophober Kontakte (Minimierung der Oberfläche zwecks Entropieoptimierung der Wassermoleküle) und damit die Heterodimerisierung begünstigt, das Strukturmotiv heißt: Leucinreißverschluß (‘leucine Zipper‘)

  • und damit schicken wir die RNA Polymerase auf ihren Weg. Wie schon ausgeführt, sollte am 5‘-Anfang der mRNA ein Triphosphat aufzufinden sein: ist das bei Eukaryonten der Fall? Nein, das wäre auch nicht sinnvoll. Warum nicht?

Ohne einen biochemischen Schutz würden RNA Stränge rasch von Nukleasen abgebaut werden (Esterasen). Ihr Schutz besteht aus folgender posttranskriptionaler Modifikation: zuerst wird eine Phosphatgruppe abgespalten (bleiben zwei), dann wird unter Pyrophosphatfreisetzung 7-Methyl-Guanosinmonophosphat (aus 7-Methyl-GTP) durch 5‘-5‘ Verknüpfung (über Säureanhydridbindung!) eingeführt, ein 7-m-G-cap. Die Methylgruppe kommt von ........ SAM. Diese Struktur ist relativ stabil, und sie präsentiert eine besondere, positiv geladene Kopfgruppe (7-Methyl-G, bitte zeichnen): ein biochemisches Signal! Wer könnte es spezifisch binden??

Dieses Signal vermittelt u.a. die effiziente Einfädelung der mRNA an Ribosomen im Rahmen der Vorbereitung der Proteinbiosynthese. Sein Rezeptor bei der Translationsinitiation ist der eukaryontische Initiationsfaktor eIF4E. Er nimmt diese Kopfgruppe in ein Sandwich wie eine Käsescheibe zwischen zwei Toastbrotscheiben. Welche Aminosäure(n) können „Toastbrotscheibe“ sein und die planare Methly-7-G Struktur (ein Kation!) binden?

Hm, wir benötigen hierzu eine planare delokalisierte Elektronenwolke, und dann würde eine Kation-π Interaktion möglich werden – und hierzu ist Trp ideal (Tyr & Phe ginge auch). Im eIF4E schiebt sich 7-Methyl-G (und damit bindet mRNA an das Protein zwischen zwei Trp (Indol) Ringe [bitte wiederholen Sie an dieser Stelle die Heterocyclen und ihre Eigenschaften, besprochen im Sommersemester Organische Chemie].

Trp bestimmt Extinktion bei 280 nm und Fluoreszenz von Proteinen, tritt als essentielle Aminosäure (Synthese beim letzten Mal besprochen) in Proteinen selten auf, dann aber mit fundamentaler Bedeutung. Der Abbau startet mit einer Dioxygenase (bitte Mechanismus dieses Enzyms, also der Trp-2,3-Dioxygenase, mit dem der Hämoxygenase vergleichen), die den Indolfünfring oxidativ öffnet (in der Folge sind eine Monooxygenase (zu 3-Hydroxykynurenin) und eine weitere Dioxygenase beteiligt (bitte mit Tyr-Abbau vergleichen). Die entstehende Amino-aldehyddicarbonsäure kann zu 2-Oxo-adipinsäure abgebaut werden. Kann dies erklären, warum Trp einen Nicotinsäuremangel verhindert?!

Nur bei Trp-Mangel entsteht diese Situation, Ursache von Pellagra (eine Dermatitisform), auch von Diarrhöen. Nach Ringöffnung der 3-Hydroxyanthranilsäure besteht für das entstehende offenkettige Produkt die Möglichkeit des erneuten Ringschlusses zur Chinolinsäure, deren Umsetzung nach Konjugation mit aktivierter Ribose und Decarboxylierung Nicotinsäuremononukleotid ergibt. Höhere Tiere und der Mensch versorgen sich also über Trp-Abbau mit Nicotinsäure (und damit Nicotinsäureamid, auch Niacinamid oder „pellagra preventive factor“ genannt; aus dem Hauptalkaloid der Tabakpflanze (Nicotiana tabacum), also Nicotin (3-[N-Methylpyrrolidyl-(2)]-Pyridin), entsteht Nicotinsäure nur unphysiologisch durch oxidativen Abbau mit Chromsäure). Und nächstes Mal zurück zur RNA: da gibt es noch viel zu besprechen.

Haben Sie Fragen?

Wenn ja, gehen Sie hierfür auf die sli.do Internetseite: https://app.sli.do/event/d3ixzczo

Der Code für Biochemie Fragen im WS 2020/21 lautet: # L072