50. Kalenderwoche: Mittwoch
DNA Regeneration und Signale in der DNA
Replikation der DNA innerhalb von Strängen schließt die Füllung von Lücken (Okazaki Fragmente, Abbau des Primers, Kooperation von Polymerase & Ligase) ein, wofür Basenkomplementarität mit der Matrize die Vorgabe gibt. Am Anfang/Ende von Strängen geht jedoch zwangsläufig bei jeder Replikationsrunde ein Stück DNA verloren. Also muß dieser Verlust wieder durch Regeneration wettgemacht werden. Die Endbereiche von DNA enthalten zu diesem Zweck ein spezielles Sequenzmotif, d.h. die Telomere. Beim Menschen liegt das Hexanukeotid TTAGGG in über 1000 Sequenzwiederholungen vor, der Schlüssel zur Regeneration von DNA (merke: zirkuläre DNA wird in der Replikation keine Sequenzelemente verlieren; Regeneration ist also notwendig, wenn eine große Kodierungskapazität in Chromosomen notwendig ist). Woher stammt die Information zur regenerierenden Neusynthese von DNA am 3‘-Ende (Verlängerung)? Wer führt sie durch?
Telomere werden durch die Telomer-ase regeneriert. Sie ist zusammengesetzt aus Protein und RNA: der Proteinteil ist enzymatisch aktiv, zwar als RNA-abhängige DNA Polymerase, auch reverse Transkriptase genannt (von RNA zu DNA; die Transkriptionsrichtung ist also umgekehrt: nicht DNA zu RNA sondern RNA zu DNA; solche Enzyme erzeugen DNA aus der RNA-Erbsubstanz von Retroviren). Und die RNA: sie dient als Matrize für die DNA Neusynthese, bildet also an einem kurzen Doppelstrangbereich und erlaubt dadurch die RNA-bedingte Verlängerung am 3‘-Ende; Positionsänderung des Enzyms ermöglicht dann die schrittweise Verlängerung des DNA Stranges, der in der nächsten Replikationsrunde dann durch Basenkomplementarität in 5‘- 3‘ Richtung repliziert wird. Der RNA Teil ist (beim Menschen) CAAUCCCAAUC, paart also mit (G)TTAG und erlaubt die Verlängerung um sechs Nukleotide pro Einzelschritt (bitte zeichnen Sie die Doppel- und Einzelstrangbereiche auf der Basis dieser Information).
Terminologisch wichtig ist, daß der RNA Teil der Telomerase enzymatisch nicht aktiv ist (s. Ribozym) sondern als Informationsträger zur DNA Neusynthese dient. Gäbe es am Anfang/Ende keine repetitiven Sequenzen, wäre sequenz-spezifische DNA Regeneration nicht möglich.
Mutationen im Protein oder in der RNA sind als Ursache von Erbkrankheiten bekannt, so für die aplastische Anämie.
Die Transkription von DNA in RNA (Umschreibung) wird regulär von RNA Polymeren durchgeführt. Wie erkennen diese Enzyme die Startpunkte für sinngebende Transkription (die Initiation muß positionsspezifisch sein, weil sie energieaufwendig ist und Transkripte die Basis für die Proteinproduktion sind – RNA als Informationsgeber für die Proteinbiosynthese ist aktuell aufgrund der Impfstoffentwicklung in der Tagespresse angekommen)?
Die Information für spezifische Positionierung ist in der DNA festgeschrieben, sie wird „gelesen“ durch bestimmte Proteine. Der entsprechende Sequenzbereich fördert („promotes“) Transkription, heißt daher Promotor. Seine biochemische Natur kann mit Hilfe des ‚footprinting‘ (analog zu ‚fingerprinting‘ bei Spaltung eines Proteins, die zum Spaltpeptid-Fingerabdruck führt) bestimmt werden: DNA bildet mit eubakterieller RNA Polymerase und einem spezifitätsvermittelnden Protein, Sigmafaktor genannt, Komplexe an der Promotorstelle; Abbau ungeschützter DNA durch DNasen (Desoxyribonukeasen) führt zum durch Bindung des Enzyms geschützten DNA Bereich. Vor den ersten Nukleotiden der RNA (‚upstream‘; also stromaufwärts) liegen streng konservierte Sequenzbereiche. In diesem Bereich erfolgt die Aufwindung des DNA Doppelstranges. Nun, und damit wissen Sie, welches Basenpaar dort gehäuft anzutreffen ist: GC oder AT??
Da Entwindung durch eine möglichst kleine Zahl von H-Brückenbindungen zwischen den Basen begünstigt wird, ist das Vorkommen von AT Basenpaaren bevorzugt, so als TATATT Sequenz: die TATA Box (Pribnow Box). Die Sequenz liegt ca. 10 Basenpaare vor dem Startpunkt der RNA Synthese. Weiter stromaufwärts liegt eine zweite konservierte Sequenz (TTGACA), womit TATA und diese ein Erkennungspaar bilden („consensus“ Sequenzen genannt). Nach Erkennung dieser Sequenz wird der Doppelstrang räumlich begrenzt entwunden. Der entwundene Bereich der DNA ist ca. 17 Basenpaare (ca. 1,6 Windungen der Doppelhelix) lang. Wir nennen diesen Komplex mit RNA Polymerase am Promotorbereich mit entwundenem DNA Abschnitt den offenen Promotorkomplex.
Die Transkription startet dann ohne Primer, am 5‘-Anfang steht somit ein 5‘-Triphosphat (A oder G). Wie bei der Replikation erfolgt die Elongation in einer sog. Transkriptionsblase, hinter der sich der Doppelstrang wieder bildet. RNA Polymerasen, wie schon erwähnt, verfügen über keine Korrekturfähigkeit, machen somit Fehler (im Bereich von 1 zu ca. 10 000 – 100 000).
Entscheidende Erkenntnisse über die Genregulation wurden zuerst bei Eubakterien gewonnen. Gene abzuschalten und bei Bedarf anzuschalten ist „ökonomisch“. Die Entdeckung solcher Regulation erfolgt zuerst auf der Ebene der Transkription. Physiologisch ist es sinnvoll, Gene für die Verwertung eines Nährstoffes wie Lactose erst dann zu aktivieren, wenn der Zucker verfügbar ist. Wie kann ein relativ kleines Molekül (hier ein Disaccharid) die Synthese von RNA beeinflussen? Eine direkte Bindung an DNA erscheint nicht effektiv genug (sehr wenige sequenzspezifische Kontakte in der regulären Doppelhelix für ein kleines Molekül): als Sensor empfiehlt sich daher ein (Regulator)Protein, Repressor genannt. Dieses Protein bindet Lactose. Was nun?
Der Repressor ist ein bifunktionales Protein mit zwei Bindungsstellen, und diese korrespondieren miteinander:
1. dieses Protein besitzt die Fähigkeit sequenzspezifisch an DNA in dem Bereich zu assoziieren, der mit dem Promotor überlappt, Operator genannt. Wenn der Repressor andockt, ist der Promotor räumlich blockiert. Dieser Zustand gilt für Abwesenheit von Laktose.
2. die 2. Bindungsstelle (für Laktose) „meldet“ ihre Belegung weiter: Lactosebindung beeinflußt die Affinität zum Operator: in welche Richtung?
Wenn nun der Repressor nicht mehr den Zugang zum Promotor blockiert, dann erfolgt Transkription, im Falle des Lac Operons von drei hintereinander geschalteten Genen für die Lactoseverwertung (als polycystronische mRNA. Der Sensor (Regulatorprotein) wird übrigens nur in ganz geringem Umfang benötigt und macht daher nur ca. 0,001 % des Gesamtproteins aus.
Die Transkriptionsrate dieser (und anderer kataboler) Gene wird durch ein zweites Kontrollelement (stromaufwärts gesteigert, das CAP (catabolite activator protein). Sinkt die Möglichkeit der Glucoseverwertung, steigt die Konzentration von cAMP (5‘-3‘ zyklisches AMP; bitte zeichnen), das an CAP (als Sensor) bindet. Wie beim Lactose/Repressor Paar erhöht CAP-cAMP Komplexbildung die Affinität der DNA Bindung im -49 bis -87 Bereich (stromaufwärts). Was passiert nun im Falle von Synthesen, wenn das Endprodukt im Nährmedium vorhanden ist?
Tryptophan (Trp) wie auch Phe/Thr werden von Eubakterien hergestellt, und zwar aus Erythrose-4-phosphat und Phosphoenolpyruvat als Ausgangsstoffe hin zum Chorismat; an diesem Punkt verzweigen sich die Wege hin zu Phe/Thr oder Trp. Fünf Enzyme wandeln schrittweise Chorismat in Trp um, ihre Gene sind im Trp Operon räumlich hintereinander geschaltet (bitte Syntheseweg zeichnen). Das (dimere) Repressorprotein ist der Trp Sensor: wie beeinflußt diese Assoziation die Affinität des Proteins an DNA (Trp induziert eine Konformationsänderung, die Bindung an die große Furche der DNA ermöglicht)?
Da uns die Besprechung von Funktion(en) dieser Aminosäure noch fehlt, hier nun diese Frage: was kann Trp? Und wie wird Genexpression bei Eukaryonten gesteuert? Dazu mehr beim nächsten Mal.
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