Physiologische Chemie Tiermedizin
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48. Kalenderwoche: Mittwoch

DNA: ein Rückblick

Wir haben uns bisher eingehend mit strukturellen Aspekten der DNA beschäftigt, also

  • dem Vorkommen von vier Basen (2x Purin, 2x Pyrimidin)
  • der Basenkomplementarität durch H-Brückenbindungen
  • der Bildung der Doppelhelix
  • der Polarität und der Kettenbildung durch Phosphorsäurediesterbindungen an eine Pentose (aus dem Pentosephosphatweg)
  • der Präsenz von Desoxyribose (zur Gewährleistung der Stabilität von langen Ketten) und von Thymin (zur Verhinderung eines Informationsverlustes durch chemische (oxidativ desaminierend) Umwandlung von C in U).

Die eingehende Analyse der Basenzusammensetzung hat (neben A, C, G und T) erwiesen, daß es mehr als vier Buchstaben in der DNA gibt. Als 5. Buchstabe ist 5-Methylcytosin (5-mC) identifiziert worden. Enzymatisch wird es beim Menschen durch drei Methyltransferasen hergestellt, und den Donor der Methylgruppe haben wir besprochen: es ist S-Adenosylmethionin. Diese Cytosin-Variante findet man fast ausschließlich in CpG Dinukleotiden in der DNA, und dies dann primär in expressionsmäßig inaktiven Sequenzbereichen. Da das Methylierungsmuster vererbt wird, spricht man von einem epigenetischen Profil. Aktive Löschung dieser Information durch Entfernung der methylierten Base ist bekannt. Einführung von Methyl in bestimmte Regionen mit CpG Sequenzen reguliert also die Genaktivität, das Methylom kartiert solche Bereiche – und die Stufe von Methyl-C ist noch nicht die Endstufe: 2009 wurde 5-Hydroxymethyl-C entdeckt (die 6. Base der DNA). In Analogie zur Prolinhydroxylierung fungiert α-Ketoglutarat (hier zusammen mit einem Fe(IV) Intermediat) als Kosubstrat der Dioxygenase (Succinat wird als Produkt gebildet). Auch dieser Buchstabe wird als Teil epigenetischer Information gesehen. Enzymatisch wird demnach (epigenetisch) in die Erbinformation zusätzlich Information hineingeschrieben (durch Methylierung und durch folgende Oxidation). Wie ist überhaupt bewiesen worden, daß DNA die Erbsubstanz ist? Da sie nur vier Buchstaben enthält, galten Proteine lange als erste Kandidaten für diese Rolle.

DNA als Erbsubstanz

Streptococcus pneumoniae Stämme unterscheiden sich in ihrer Virulenz. F. Griffith zeigte dies 1928 durch Injektion in Mäuse: die Suspension eines Stammes, dessen Zellen von einer Polysaccharidkapsel umgeben sind (weshalb sie schleimartig wirken, im Licht glatt (s=smooth)), ist tödlich, die der Zellen mit einem Defekt in der Synthese des Polysaccharides (was zu rauer (r=rough) Oberfläche führt) nicht: S- und R-Stämme unterscheiden sich also biochemisch (R fehlt etwas, was S hat) und klinisch. Hitzebehandlung tötet die S-Zellen, nimmt ihnen hiermit ihre Virulenz.

Werden solche abgetöteten (vormals virulenten) S-Bakterien nun mit R-Typ Bakterien in Lösung gemischt und dann injiziert, passierte Verblüffendes: die Mäuse starben! Die toten S-Type Zellen, selber nicht virulent, enthalten ein „transformierendes Prinzip“, also Erbinformation. Was ist ihre biochemische Natur?

Avery, MacLeod & McCarty fraktionierten Extrakte der S-Zellen, um reine Grundsubstanzen für die gewollte Transformation zu erhalten, und dies führte in einem Fall zum Tod der Tiere, wenn eine Fraktion mit R-Bakterien inkubiert wurde. Nun, es handelt sich um DNA (wie sie vom Bakteriophagen bei der Infektion in Bakterienzellen eingebracht wird: Herschey-Chase Experiment, 1952). Die Versuche zur Bakterientransformation mit chemisch definierten Fraktionen und einem eindeutigen experimentellem Endpunkt (Tod der Tiere) waren 1944 der Beweis dafür, daß DNA (nicht Proteine) genetische Information kodieren, obwohl es doch mehr Aminosäuren als Nukleotidbasen gibt. Warum dies?

Proteine müssen vielfältige Funktionen ausüben, benötigen also ein Arsenal von funktionellen Gruppen für vielfältige Missionen. Die in Proteinen auftretenden Aminosäuren decken demnach über ihre strukturellen Eigenschaften ein weites Spektrum ab.

Hingegen muß die Erbsubstanz fehlerfrei kopierbar und kodierend sein, ihre Bausteine in hohem Umfang produzierbar. Die Buchstaben müssen also unterscheidbar sein; das Prinzip der Basenkomplementarität ist einfach, genial. Geklärt werden muß jedoch, wie eine Nukleotidsequenz zur Anordnung von Aminosäuren in Proteinen (genetischer Kode) führt, und wieviel Gene es überhaupt gibt. Antworten zu diesen Fragen bald ...

Nun noch einmal zurück zur Hydroxylierung: ihre Bedeutung wird dadurch unterstrichen, daß es mehrere Mechanismen zum gleichen Ziel gibt. Schauen wir im letzten Teil für heute zurück zu den Aminosäuren.

Phenylalanin, Tyrosin und mehr

Im Falle von Prolin haben wir Hydroxylierung eines gesättigten Ringes, von 5-Methylcytosin einer Methylgruppe (ist Serin das Produkt einer Hydroxylierung von Alanin? Nein, es entsteht durch Transfer einer [CH2OH] Gruppe von Tetrahydrofolsäure) kennengelernt. Die Einführung eines Sauerstoffatoms aus Sauerstoff (engl. oxygen; deshalb Mono-Oxygen-ase) ist ein weiterer Weg. Phenylalanin (formal ein Phenyl- und Alanin Addukt) ist ein Substrat (Phenylalanin ist hydrophob, kann also wie ein kleines Öltröpfchen hydrophob aggregieren).

Durch Phenylalanin-4-monooxygenase entsteht Tyrosin (Tyr). Verminderung ihrer Aktivität führen (nach Transaminierung) zur erhöhten Ausscheidung im Harn (Phenylpyruvat; Phenylketonurie). Es entstehen deutlich weniger Katecholamine und Melanin (warum?). Verminderte Melaninsynthese durch Einschränkung der Aktivität der Phenoloxidase (Tyrosinase) ist die Ursache des Albinismus; Minderung der Pigmentierung der Haare macht dieses Enzym für die kosmetische Industrie interessant.

Der Abbau von Phenylalanin über Tyrosin und das genannte 4-Hydroxyphenylpyruvat startet mit einer Dioxygenase. In diesem Fall ist die Oxofunktion des Substrates Wasserstoff-Donor und die oxidative Decarboxylierung erfolgt intramolekular (Ascorbat als Cofaktor; s. Prolylhydroxylase). Das entstehende Homogentisat wird durch eine weitere Dioxygenase (in ortho-Stellung) prozessiert, womit in zwei Schritten Acetoacetat und Fumarat entsteht. Das Fehlen dieser Dioxygenase führt zu Ausscheidung von Homogentisat im Urin.

Wenn solcher Urin an der Luft steht, wird diese Substanz chemisch zu einem chinoiden Farbstoff (Alkapton genannt) oxidiert. Alkaptonurie führt daher zu Pigmentierung von Bindegewebe (Ochronose), klinisch zu entzündlichen und degenerativen Veränderungen an Gelenken, auch zu Aortenaneurysmen im Kreislaufsystem. Haben Aminosäuren auch die Eigenschaft, mit an Erbsubstanz zu binden? Denken wir an die freie Funktionalität der 3-wertigen Phosphorsäure ...

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Wenn ja, gehen Sie hierfür auf die sli.do Internetseite: https://app.sli.do/event/d3ixzczo

Der Code für Biochemie Fragen im WS 2020/21 lautet: # L072