47. Kalenderwoche: Mittwoch
Warum (und woher) 2‘-Desoxyribose?
In der Nukleinsäurebiosynthese werden Nukleodidtriphosphate zu Oligo- und Polymeren verknüpft. Die 3‘-OH Gruppe tritt in eine Esterbindung mit Phosphat ein, Pyrophosphat wird freigesetzt. Dieses Produkt wird durch Pyrophosphatase gespalten, eine stark exergonische Reaktion. Was bedeutet dies?
- ein Produkt wird aus dem Gleichgewicht entfernt: die Reaktion wird irreversibel.
- die Energiebilanz der gekoppelten Reaktionen ist somit sehr günstig für die Synthese, sofern die energiereichen Ausgangsstoffe zur Verfügung stehen.
Bitte beachten: dieses Prinzip finden Sie bei anderen Syntheseprozessen wie der Aktivierung von Aminosäuren für die Proteinbiosynthese oder von Glucose für die Glycogensynthese.
Wird die Umsatzzahl dieses Enzymes klein oder groß sein; was ist sinnvoll? Was meinen Sie?
Und nun zum Vorkommen von 2’Desoxyribose in der Erbsubstanz: festzuhalten ist, daß Phosphorsäurediester das Rückgrat von Nukleinsäuren darstellen. Was wissen Sie über die Stabilität von Esterbindungen? Welche Ansprüche stellen Sie an DNA im Vergleich zu RNA?
Die Erbsubstanz muß langlebig sein, ihre Esterbindungen dürfen also nicht gefährdet werden. Spaltung einer Esterbindung könnte durch räumliche Nähe der 2‘-OH Gruppe von Ribose zum Phosphoratom möglich sein. Diese Hydroxylgruppe ist ein (schwaches) nukleophiles Reagenz und kann (selten) eine nukleophile Substitution einleiten: aus der P-5’CH2OH Esterbindung wird eine 2’OH-P Bindung (Umsetzung), es bilden sich ein intramolekularer 2‘-, 3‘-Diester und eine freie 5CH2OH Gruppen. Was bedeutet dies für den Nukleinsäurestrang? ... Strangbruch!
Schlußfolgerung: DNA enthält 2‘-Desoxyribose, weil das Fehlen der 2‘-OH Gruppe das Risiko des Auftretens von Strangbrüchen (über lange Zeiträume) reduziert. Dafür muß 2-Desoxyribose aus Ribose (durch Sauerstoffentzug, also Reduktion) hergestellt werden. Welcher Stoffwechselweg liefert Ribose? Welches Produkt liefert dieser Weg zudem?
Evolutionär ist die Entwicklung der Synthese von 2‘-Desoxyribose aus Ribose zeitlich relativ gesehen eine Neuentwicklung, die Langlebigkeit von (Desoxy)Ribonukleinsäuren ermöglicht. Das verantwortliche Enzym (die Ribonukleotidreduktase) arbeitet mit dem Reduktionsmittel von 2 Sulfhydrylgruppen, die zu einer Disulfidbrücke oxidiert werden (Ribose wird zu Desoxyribose reduziert; analog zu Glutathion).
Wie das Coenzym B12 es vermittelt, ist dieser Sauerstoffentzug durch Radikalbiochemie begünstigt. Die im katalytischen Zentrum der Ribonukleotid-Reduktase befindliche Tyrosinseitenkette hat Radikalcharakter, den sie auf Ribose (in 3‘-Stellung) überträgt (das Tyr-Radikal wird damit abgesättigt). Die Bindung der OH-Gruppe an C2 wird labilisiert, das Hydroxylanion (vorhergehende Protonierung führt zu Wasser) abgespalten (Sauerstoffentzug) und das entstehende Radikalkation durch wechselseitigen Positionswechsel stabilisiert. Jetzt treten die beiden SH-Gruppen des Enzyms in die Reaktion ein: eine SH-Gruppe kann als Donor des Protons für die Protonierung von 2‘-OH gedacht werden (H2O als Abgangsgruppe), das Sulfidanion bildet die Disulfidbrücke, ein Hydrid(anion) wird frei und lagert sich in das Kationradikal der Pentose an Position 2 ein.
Das 2‘-Desoxyribosylradikal holt sich sein H-Radikal von Tyr zurück: es entsteht 2-Desoxyribose. Nun, und die beiden SH-Gruppen werden über eine Reduktionsreaktion gespeist von NADPH regeneriert. Somit liefert der oxidative Teil des Pentosephosphatweges Ribose und das Reduktionsmittel. Und nun zur offenen Frage der Herkunft der Formylgruppe.
Woher Formyl?
Zuerst etwas organische Chemie: bitte zeichnen Sie die Formeln von Pyrrol, Pyrazol und Imidazol; letztgenanntes Ringsystem ist Teil der Aminosäure Histidin (His). Diese Aminosäure ist ein idealer Akzeptor & Donor von H-Brückenbindungen. Zur Beantwortung der gestellten Frage führt uns die Beschreibung des Abbauweges von His über Urocaninsäure (Substanz wurde erstmalig in Hundeharn gefunden) und Imidazolonpropionat, dessen Spaltung den Formyldonor Foriminoglutamat ergibt (bitte zeichnen). Ein (gesättigter) Fünfring mit nur einem N-Atom ist bei einer andren Aminosäure zu finden, Pyrrolidin (Tetrahydropyrrol)-2-Carbonsäure genannt. Wie heißt sie?
Haben Sie Fragen?
Wenn ja, gehen Sie hierfür auf die sli.do Internetseite: https://app.sli.do/event/9fan4aqs
Der Code für Biochemie Fragen für die Kalenderwoche 47 lautet: # E472