46. Kalenderwoche: Mittwoch
Das Wirken des Periodensystems bei Aminosäuren
Heute werden wir uns ganz auf einen zentralen Aspekt der Biochemie von Aminosäuren, erklärend aus dem Periodensystem, konzentrieren, nämlich welche Bedeutung der Austausch eines Atoms der 6. Hauptgruppe auf die Funktionalität von Alaninderivaten hat (bitte bezüglich der Nukleinsäuren Ihr Experiment mit den ausgeschnittenen Formeln der Nukleotidbasen unbedingt wiederholen, die Formeln der Paare zeichnen und z.B. erkennen, daß A-T zwei, G-C drei H-Brückenbindungen bilden: welche Auswirkungen hat dies, z.B. für Promoterbereiche (Regionen, in denen der Doppelstrang getrennt werden muß, um Transkription zu ermöglichen)? Werden diese GC-reich sein?!
Zurück zu Serin und zu den S/Se-haltigen Aminosäuren, von Ser abgeleitet:
Gehen wir in der 6. Hauptgruppe nach unten, so entstehen aus Serin Cystein (Cys) und Selenocystein (SeCys). Was bedeuten Schwefel und Selen für die Funktion(en) der Aminosäuren auf der Ala/Ser-Plattform?
Von zentraler Bedeutung im Stoffwechsel ist Cys als Baustein von Coenzym A (CoA). Bitte hierzu die Synthese, beginnend mit der Bildung von Pantothensäure erarbeiten (das β-Alanin der Pantothensäure entsteht aus der Decarboxylierung von Aspartat, es ist also das biogene Amin von Aspartat). Durch eine Säureamidbindung wird Cys verbunden, dieses wird decarboxyliert und so entsteht Cysteamin als Kopfgruppe des CoA. Durch Acetylierung (z.B. bei der Verwertung von Glucose in der Pyruvatdehydrogenase (Kohlenhydratkurs)) wird aus CoA Acetyl-CoA: es entsteht also ein Thioester. Warum ist dies wichtig?
Die Esterkonstellation weist eine bemerkenswerte Resonanzstabilisierung auf (Sie haben die Bindungen deshalb schon gestrichelt gezeichnet). Diese Delokalisation senkt das Energieniveau. Da das Schwefelatom einen größeren Radius als das Sauerstoffatom aufweist, ist das Ausmaß der elektronischen Überlappung im Thioester geringer als bei (Normal)Estern: somit wird bei Hydrolyse des Thioesters mehr Energie frei als bei der Esterhydrolyse (Ausnahme: Phosphoenolpyruvat; warum?). Mit 31,5 KJ/mol ist die bei Thioesterspaltung freigesetzte Energie sogar 1 KJ/mol höher als bei „ATP zu ADP+Pi“ Spaltung! Der Thioester (unter Beteiligung von Cysteamin) ist also eine energiereiche Verbindung; Acetyl-CoA ist ein hilfreicher Überträger der Acetylgruppe, Succinyl-CoA treibt Synthese von GTP in der Substratkettenphosphorylierung an.
Als Beispiel für diese Funktionalität bei Enzymen ist die Glycerinaldehyd-3-phosphat Dehydrogenase ein wunderbares Beispiel: der Aldehyd wird an die SH-Gruppe von Cys gebunden (analog zur Aldolreaktion), das entstehende Halbthioacetal unter Beteiligung von NAD+ (durch Hydrid(an)ionentzug) zum Thioester oxidiert. Er stellt das energiereiche Zwischenprodukt dar. Spaltung nicht mit H2O (dann würde die gespeicherte Energie in Wärme umgewandelt) sondern mit Phosphat (wie bei Glycogenabbau) ergibt das gemischte Säureanhydrid für Substratkettenphosphorylierungsschritt 1 in der Glykolyse: Cys macht’s möglich!
Es gibt mehr zu berichten: Cys kann mit einem Cys Partner oxidiert werden und reversibel die (kovalente) Disulfidbrücke bilden. Diese stabilisiert Proteinstrukturen. Diese Verbrückung begünstigt auch die Bildung von Aggregaten von Proteinen, z.B. in der angeborenen Immunität gegen Bakterien. Ihre Bildung schützt auch vor Oxidation. Das Tripeptid Glutathion ist in Erythrozyten als Oxidationsschutz für Fe2+ vorhanden. Welcher Stoffwechselweg garantiert die Reduktion von oxidiertem Glutathion?
Chemisch möglich ist ferner die Addition von SH-Gruppen an Vinylgruppen, realisiert ist sie bei der Thio-Etherbildung, wenn Häm c an sein Trägerprotein geknüpft wird (Atmungskette: Cytochrom c). Ferner ist die Oxidation vom Sulfhydryl zu Sulfin-, Sulfen- und Sulfonsäuren nachgewiesen; die Bestimmung ihrer Funktion ist im Gange.
SeCys wird als Neuzugang zum 20er Set der proteinogenen Aminosäuren bezeichnet, für besondere Aufgaben bei Redoxprozessen. Zu wenig an Se führt zu gravierenden Mangelerscheinungen, zu viel ist giftig. Am Beispiel von Glutathionperoxidase (1973 entdeckt; ein wichtiges anti-oxidatives Enzym) wird die Reaktivität von SeCys beschrieben.
Selenol (SeH) reduziert Oxidationsmittel wie Wasserstoffperoxid, wird zur selenigen Säure oxidiert (SeOH). Mit der SH-Gruppe von Glutathion reagiert SeOH zum Selenyl-Sulfid (Se-S-G). Wie oben beschrieben, kann nun ein zweites Glutathion-Molekül reduzierend eintreten: SeH wird regeneriert, die Disulfidbrücke mit 2 verbundenen Glutathionen bildet sich: Selen (Namensgeberin für dieses Element ist übrigens die Mondgöttin Selene; entdeckt wurde Selen 1817 in Bleikammerschlamm seiner Schwefelsäurefabrik in Gripsholm von Jöns Jacob Berzelius) macht’s möglich!
Und was macht Methionin möglich? Dazu mehr und mehr zur DNA nächstes Mal.
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