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6. Kalenderwoche: Montag

Von RNA zu DNA

Glucose wird im Stoffwechsel auf vielfältige Weise benutzt, so als Lieferant für den Zuckerteil der Nukleinsäuren: durch Umsetzung im oxidativen Teil des Pentosephosphatweges zu Ribose-5-phosphat, damit zu Ribo-nuklein-säure (RNS). Enzymatische und chemische (basenkatalysierte) Spaltung von RNA (S = Säure; A = acid) führen zu einem zyklischen 2‘,3‘-Diester (die Nukleophilie von 2’-OH wird durch Deprotonierung erhöht, gleichzeitig wird das 5’-O-Atom protoniert (in Ribonukleasen durch das Zusammenspiel zweier His-Seitenketten (Imidazol als H+-Donor & Akzeptor!), so daß eine Umgebung von [5‘-3‘ und 2‘-OH] auf 2‘,3‘ und 5‘-OH erfolgt).

Wenn die 2‘-OH Gruppe fehlen würde, also 2‘-Desoxyribose die Stelle von Ribose mit dem cis-Diol an 2‘, 3‘ einnähme, dann entstünde DNA, und sie wäre vor Strangbrüchen geschützt.

Chemisch ist diese Reaktion von Ribose zu Desoxyribose ein Sauerstoffentzug, in klassischem Sinne eine Reduktion, weshalb das entsprechende Enzym eine Reduktase ist (weil Ribonukleotide als Substrate umgesetzt werden, heißt das Enzym Ribonukleotid-Reduktase).

Wie können wir dem Molekül auf sanftem (enzymatischen) Weg dieses Sauerstoffatom entziehen?

Theoretisch kennen wir eine solche Reaktion von der Fettsäurebiosynthese in der Kombination von Dehydratase und NADPH-abhängiger Reduktion der entstandenen Doppelbindung: geht hier nicht so einfach, weil ein cis-Diol vorliegt. Gleiches gilt für einen Weg über einen 2‘-Phosphorylester (eine 2‘-Kinase fehlt; biochemisch werden die exozyklische Hydroxymethylgruppe klar als Kinaseprodukt begünstigt).

Der Aminozucker Glucosamin (GlcNH2) wird chemisch als 2-Desoxy-2-Amino-glucose bezeichnet. Wie wird in diesem Fall mit der 2-OH Gruppe umgegangen? Sehr interessanter Punkt: GlcNH2 entsteht nicht aus Glucose, es gibt also keine 2-Desoxy-Zwischenstufe (die NH2-Gruppe stammt von Gln und wird auf Fructose-6-phosphat (!) durch die entsprechende Transaminase übertragen; bitte beachten: in der Form als Kette bietet die Ketose einen geeigneten Akzeptor, wie Sie es auch von der Reaktivität von Fructose-6-phosphat in der Transaldolasereaktion (C3-Transfer im nicht-oxidativen Teil des Pentosephosphatweges; Aldolase beim Bisphosphat in Glykolyse kennen). Bitte an dieser Stelle beachten, daß Fructose (Ketose) und Glucose (sowie Mannose; Aldosen) über das Endiol ineinander überführt werden können). Wir stellen fest: eine 2‘-Desoxyform von Glucose entsteht hierbei nicht. Der Weg zu 2’Desoxyribose führt also über einen (für Sie) neuen Weg.

In der Biochemie wird Tyr als Katalysator für radikalische Reaktionen genutzt. Phenol fungiert initial als Lieferant eines Elektrons (so in der Cytochrom C-Oxidase (Tyr244)), es bildet sich das katalytisch aktive Tyrosylradikal (Tyr-O·). In der Ribonukleotidreduktase (Klasse I) wird ein solches stabiles Tyrosylradikal mit O2 als Elektronenakzeptor erzeugt (es entsteht als zu entgiftendes Produkt) das Superoxidradikal). Das Tyrosylradikal ist katalytisch aktiv, es initiiert die Reaktion im geschwindigkeitsbestimmenden Schritt. In diesem Schritt übernimmt dieses Radikal (von C3 der Ribose) das H-Atom (mit 1 Elektron), wird zu Tyr, wohingegen der Ribosering nun an Position C3 ein Radikal hat. Jetzt kommen zwei Cysteine ins Spiel, die sich in räumlicher Nähe zueinander und zum Substrat befinden. Säurekatalyse der Wasserabspaltung und die eigentliche Reduktion am C2 der Ribose sind ihre Funktionen: eine SH-Gruppe protoniert die OH-Funktion an C2, erhöht somit deren Potenzial zum Abgang (Wasserabspaltung). Diese säurekatalysierte Spaltung der C-O Bindung an C2 führt (nach Wasserabspaltung zu einem Radikal (C3)-Kation (C2)-Produkt, mit einem S-Anion in seiner Nähe.

Dieses Radikalkation wird unter Einbeziehung eines freien Elektronenpaars des 3‘-O-Atoms stabilisiert (Radikal und Elektronlücke tauschen ihre Plätze, das freie Elektronenpaar vom 3‘-O-Atom füllt die Lücke im Furanosering, ein Oxonium-Kation entsteht).

Hin zur Produktbildung führt jetzt das redoxaktive SH-Paar in seiner bestehenden Konstellation mit Hydrid (H-) aus dieser Konstellation (SH = H- + S+) wird das Substrat (Ribose) an C2 reduziert (das Radikal besteht nun an C3), aus S+ (SH - H- = S+)/S- wird eine Disulfidgruppe. Nun erfolgen zwei Schritte zum Abschluß:

1. durch Übernahme von H· von Tyr des Enzyms entstehen Desoxyribose und wieder das Tyrosinradikal (Katalysator wird regeneriert)
2. die Disulfidbrücke wird zu 2x-SH reduziert (so kann Thioredoxin (108 Aminosäuren) das Enzym an dieser Stelle reduzieren).

Es wird dann in einer Glutathion-Reduktase-analogen Reaktion regeneriert. Als Elektronenlieferanten dienen zuerst FADH2 und ultimativ NADPH.

Für die reibungslose DNA Biosynthese müssen vier Desoxyribonukleotidtriphosphate in ausreichender Menge verfügbar sein. Die Regulation des Enzyms erfolgt über zwei (drei) allosterische Kontaktstellen. (d)ATP-Bindungen beeinflussen seine Aktivität und Quartärstruktur. Wechselseitige feed-back Hemmungen zwischen den Nukleotiden garantieren ausbalancierte Konzentrationen. Als Wegweiser zum Stoff der nächsten Stunde dient die Bildung von dUMP (Desoxyuridylat) als Substrat zur Bildung von dTMP (statt U) für die DNA. Dieser Syntheseweg hat biomedizinisch große Bedeutung in klinischen Anwendungen, auf seiner Kenntnis beruhend.

 

Wenn ja, gehen Sie hierfür auf die sli.do Internetseite: https://app.sli.do/event/d3ixzczo

Der Code für Biochemie Fragen im WS 2020/21 lautet: # L072