6. Kalenderwoche: Mittwoch
Von RNA zu DNA (2)
Nach Besprechung der Biosynthese von Desoxyribose wenden wir uns jetzt der biochemischen Herstellung von 5-Methyl-U (T) zu (die Möglichkeit der spontanen Umwandlung von C zu U durch Desaminierung und damit der Schutz der Erbinformation macht daher die Markierung der originären Di-oxo Pyrimidinbase in der DNA notwendig: chemisch generiertes U kann dann aus der DNA entfernt werden, das markierte U, also T sichert die Basenkomplementarität zu A).
Aufgrund der zentralen Bedeutung der Verfügbarkeit von dTTP (d = Desoxyribose) für die DNA Replikation (Wachstum) ist diese Synthese ein Angriffspunkt für Therapie bei bakteriellen Infektionen und bei Tumorerkrankungen. Das Wissen über den Mechanismus ist somit die Grundlage für Arzneistoffentwicklung.
Bei der Synthese von Desoxyribonukleotiden entsteht dUDP und (durch Nukleosiddiphosphat-Kinase) dann dUTP. Da DNA Polymerasen dUTP & dTTP nicht vollständig unterscheiden können, somit dUTP (fälschlich) als Substrat in geringem Umfang genutzt würde (wenn es verfügbar wäre), muß diese Verfügbarkeit möglichst weit reduziert werden: deshalb wird dUTP durch die dUTP-Diphosphorylase in dUMP und Pyrophosphat gespalten. dUMP ist jetzt dann auch das Substrat für die Umwandlung von U in T; sie erfolgt durch die Thymidylatsynthase.
Als Donor der C1-Gruppe fungiert ein beladenes Tetrahydrofolsäure(THF)derivat, und zwar N5,N10-Methylentetrahydrofolat (bitte zeichnen: welche Oxidationsstufe weist das C-Atom auf? Ist dies identisch mit einem C-Atom in Formaldehyd? Wenn ja, erfolgt eine Reduktion auf dem Weg dieses C-Atoms zur Methylgruppe in Thymin (vergleichbar mit Methanol)!). Wer wird in dieser Redoxreaktion oxidiert??
Diese Gedankenkette führt uns, weil ja nur zwei Substrate an der Reaktion beteiligt sind, zum THF als Reduktionsmittel (Tetra-Hydro-Folat). Wir schlußfolgern: THF wird zu DHF oxidiert; in dieser Reaktion ist das Koenzym Donor von C1 und Reduktionsmittel (als Hydriddonor).
Eine kurze Wiederholung: woher bezieht THF seine C1-Gruppe? Bitte vor dem Weiterlesen mindestens drei Möglichkeiten benennen.
[Ser zu Gly; auch z.B. His-Abbau zu Formiminoglutamat; Betain & Sarkosin-Abbau zu Gly]
Mechanistisch wird dUMP im ersten Schritt durch ein Nukleophil des Enzyms (Thiolat (S-) von Cys146) am C6 angegriffen, so daß sich nach der induzierten Elektronenumlagerung ein kovalentes Addukt bildet. Diese Umlagerung ermöglicht die Bildung eines ternären Komplexes aus Enzym-dUMP-(nun) THF (letzteres über C5 von dUMP und dem C-Atom von THF, das die Methylbrücke bildet). Aus der C5-H (wichtig: s.u.; C5-F!) Bindung wird durch eine Base des Enzyms nun das Proton entfernt (Basenkatalyse), dieses Elektronenpaar bildet eine exozyklische Methylengruppe (verdrängt somit das Elektronenpaar der C5 (Pyrimidin)-N5 (THF) Bindung, welches sich als Doppelbindung zwischen N5-C6 im THF einlagert); jetzt muß der entstehende Elektronenüberschuß an C6 (THF) abgebaut werden, ein Hydrid (H-) ist also verfügbar. Es lagert sich an = CH2 an, wodurch die Methylgruppe entsteht.
Die Elektronen der Doppelbindung der Methylengruppe wandern durch diese Verdrängung in den Ring und verdrängen damit dann selbst die Elektronen der C6-S(Enzym) Thioetherbindung (das Substrat löst sich vom Enzym): dTMP ist entstanden, THF ist nach dem Hydridabgang zu DHF oxidiert, muß also regeneriert werden. Hierzu ist Dihydrofolatreduktase zuständig (NADPH abhängig), Serinhydroxymethyltransferase führt uns dann wieder zum aktiven Donor.
Als Hemmstoffe der Dihydrofolatreduktase werden kompetitive Inhibitoren (Antifolate) eingesetzt, so Aminopterin, Methotrexat oder Trimethoprim, letzteres mit hoher Affinität zu bakteriellen Dihydrofolatreduktasen.
Auch die Thymidylat-Synthase ist Zielpunkt für Therapeutika. 5-Fluorodesoxyuridylat (S-Fu) ist ein irreversibler (Selbstmord) Inhibitor. Das Substrat geht in die Reaktion ein und „kettet“ sich an das Enzym („opfert“ sich zum Wohle des Patienten durch Blockierung). Wie geht das?
Vom Element Fluor kennen Sie seine hohe Elektronegativität: im Gegensatz zu Wasserstoff gibt es also seine Elektronen in der C5-F (relativ zu C5-H) nicht her! Somit bleibt der oben beschriebene ternäre Komplex bestehen, das Enzym ist sozusagen „erledigt“ („ermordet“). Sie können sich 5-Fu auch als Kamikaze-Flieger vorstellen.
Was machen nun Sulfonamide? Da sie strukturell der p-Aminobenzoesäure ähnlich sind, hemmen sie die bakterielle Folsäuresynthese auf der Stufe des Einbaues dieses Bausteines der Folsäure. Folsäure ist essentiell. Da Säugetiere daher nicht über dieses Enzym verfügen, gibt es daher keine „Kreuzreaktivität“ der Sulfonamide: ihre Wirkung ist daher in vollem Umfang spezifisch.
5-Methyl-C (ein besprochener epigenetischer Marker) ist Ihnen bekannt. Es wird durch DNA Methyltransferasen hergestellt (also auf der Stufe der DNA an ganz bestimmten Positionen, auch in der RNA möglich). Im Menschen gibt es fünf Enzyme dieser Klasse. Als C1 Donor fungiert S-Adenosylmethionin.
Mechanistisch greift wiederum ein Thiolat(anion) an C6 von Cytosin an, ein Enzym-Cytosin Addukt entsteht, die Elektronen der C5-C6 Doppelbindung werden verlagert, die Methylgruppe des Donors wird von C5 übernommen; basenkatalysiert wird im nächsten Schritt das Proton aus der C5-H Bindung entfernt und durch Umlagerung wird dann das Addukt gespalten, weil sich die C5-C6 Doppelbindung bildet. Wird anstelle des Pyrimidins ein 1,3,5-Triazin synthetisiert (5-Azacytidin), werden nach dessen Einbau in die DNA (oder RNA) entsprechende Methyltransferasen gehemmt; Einsatzgebiete sind Leukämieformen und myelodysplastisches Syndrom, womit die Beziehung von Epigenetik und Arzneistoffentwicklung unterstrichen ist.
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Wenn ja, gehen Sie hierfür auf die sli.do Internetseite: https://app.sli.do/event/d3ixzczo
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