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5. Kalenderwoche: Montag

Pyrimidine: Synthesen und Abbau

Schauen wir uns als erstes, von der Chemie kommend, eine chemische Pyrimidinsynthese an, und zwar von Barbitursäure (Malonylharnstoff), ein zyklisches Ureid. Die beiden NH2-Funktionen des Harnstoffs reagieren mit den Estergruppen von Malonsäurediethylester, so daß sich der Pyrimidinring bildet (Verwendung von Dialkyl-malonsäurediethylestern (so das Diethyl) führt zu Barbituraten wie dem Schlafmittel Veronal). Ein Pyrimidinteil begegnet Ihnen übrigens auch im Trimethoprim (2,4-Diamino-5-(3,4,5-trimethoxy-benzyl)-pyrimidin), bakteriostatisch als Inhibitor der Dihydrofolatreduktase (zu THF) eingesetzt.

Beim letzten Mal hatten wir den Weg der Biosynthese von Pyrimidin vorbereitet, aus der Perspektive geeigneter Ausgangsstoffe: bitte beachten Sie, daß diese leicht verfügbar sein müssen. Eine Aminosäure wäre daher ideal.

Jetzt schauen wir uns ein Produkt an, nämlich Uracil (wir zeichnen dessen Formel und nummerieren die Atome des Ringes von N1 (unten) im Uhrzeigersinn). Sie zeichnen die beiden Atome C2/N3 in einer anderen Farbe also die vier Atome C4-C6 &N1, im nächsten Schritt trennen Sie diese beiden Atomgruppen: jetzt haben Sie formal die Ausgangsstoffe der Synthese vor Augen.

Der Einstieg in die Synthese erfolgt – ganz analog zur Harnstoffsynthese – über einen aktivierten Donor (ein gemischtes Säureanhydrid), der C2/N3 einbringt. Wie im Falle von Carbamoylphosphat und Ornithin reagiert die Aminofunktion des Akzeptors (hier Aspartat) mit der Carboxylfunktion in diesem Säureanhydrid. Bitte vermerken: Carbamoylphosphat für die Pyrimidinsynthese wird im Zytoplasma unter Nutzung von Gln als NH3-Donor hergestellt. Die zytoplasmatische Carbamoylphosphat-Synthese II wird durch Mitogene wie Wachstumsfaktoren mittelbar aktiviert, so daß (logischerweise) die Verfügbarkeit von Pyrimidinnukleotiden erhöht wird.

Durch Reaktion des Säureanhydrids mit der Aminogruppe von Asp entsteht N-Carbamoylaspartat, das im 2. Schritt unter Wasserabspaltung zyklisiert (der Ring ist gebildet: es entsteht reduzierte (Dihydro)Orotsäure, aufgrund der Rückreaktion wird das Enzym als Dihydro-Orotase bezeichnet). Jedoch bestehen an dieser Stelle zwei Abweichungen zu Uracil:

  1. die Bindung zwischen C5/C6 ist gesättigt, also in der Dihydro-Form
  2. an C6 befindet sich Aspartats Carboxylgruppe.

An dieser Stelle machen wir uns zunächst darüber Gedanken, wie diese wichtige Synthese koordiniert wie am Fließband ablaufen kann. Bei Eukaryonten werden die genannten drei Reaktionen, d.h. Carbamoylsynthetase, Aspartattranscarbamoylase und Dihydroorotase, von drei enzymatisch aktiven Zentren eines 240 kDa Proteins (CAD genannt) durchgeführt: das bedeutet zügige fließbandartige Fertigung.

Nun zur Lösung der beiden genannten Probleme:

  1. FMN (und NAD+) wird zur Oxidation von Dihydro-Orotat rekrutiert. Sein Isoalloxazinsystem ist ein Redoxsystem, in oxidierter Form einem Chinon ähnelnd.

    Die entstehende Orotsäure wird vor Lösung des 2 Problems auf Ribose-5-phospat übertragen, und zwar in β-N-glycosidischer Bindung an N1. Der Donor ist 5-Phosphoribosyl-α-1-pyrophosphat (PRPP): Pyrophosphat wird dann in SN2-Reaktion durch das Nukleophil verdrängt (und später gespalten!). Wir erhalten somit ein Nukleotid, das Orotidin-5-monophosphat (OMP). Bitte beachten: Spaltung von Pyrophosphat macht die Reaktion irreversibel.

    Nun zur Lösung des 2. Problems:

  2. die Dioxo-konstellation im Pyrimidinring begünstigt spontane Decarboxylierung. Das Enzym OMP Decarboxylase steigert die Geschwindigkeit dieser Reaktion um mehr als den Faktor 1023: dies ist die höchste bekannte relative Effizienzsteigerung! Wie das entstehende Carbanion (nach Abgang von CO2) stabilisiert wird und wie sich die Phosphatgruppe daran beteiligt sind (noch) ungeklärte Fragen. Klar ist, daß jetzt UMP vorliegt: mission accomplished.

Wie entsteht aus UMP das CTP? Wie wird „O“ durch „N“ ersetzt, zumal „O“ durch eine Doppelbindung an den Ring gebunden ist?

Zuerst erfolgt die Umwandlung in die tautomere Form, also von Oxo hin zu Hydroxyl (End), dann wird mit ATP ein Phosphorylester gebildet. Bitte vermerken Sie: die Phosphatgruppe erhöht die Reaktivität einer Hydroxylgruppe in der nukleophilen Substitution. Gln ist der N-Donor bei Mensch und Tier, Phosphat verläßt das Molekül, die NH2-Gruppe ersetzt es.

Bei Mensch und Tier erfolgt die Regulation dieses Syntheseweges an der Carbamoylsynthetase II, gehemmt durch UD/TP, aktiviert durch ATP und den Ribosephosphat-Donor. Auch die Decarboxylase wird durch UMP (kompetitiv) gehemmt.

Pyrimidinabbau erfolgt im Wesentlichen als Umkehrung der Biosynthese (zur Reduktion zum Dihydrouracil wird NADPH+H+ eingesetzt, Carboxylierung entfällt), weshalb N-Carbamoyl-β-Alanin (nicht Aspartat) und somit β-Alanin (biogenes Amino von Asp) entsteht. Das β-Alanin kennen Sie als Bestandteil der Pantothensäure.

PRPP ist eine erstaunliche Substanz, so in der Aminosäure-Synthese: es stammen fünf C-Atome des Histidins aus PRPP (auch bei der Trp Biosynthese erfolgt entsprechender Einbau). In der Purinbiosynthese ist das Ribose-5-phosphat der Kontaktteil zu den Enzymen, die schrittweise den Purinring aufbauen, wieder mit Gln und einer Aminosäure am Beginn und dann mit einem C1-Baustein aus einer Aminosäure: höchst elegante Synthesestrategie.

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Wenn ja, gehen Sie hierfür auf die sli.do Internetseite: https://app.sli.do/event/d3ixzczo

Der Code für Biochemie Fragen im WS 2020/21 lautet: # L072