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5. Kalenderwoche: Mittwoch

Purine: Biosynthese und Abbau

Im Gesamtüberblick wird das Ringsystem der Purine (Pyrimidin und Imidazol) durch Atomgruppen aus Aminosäuren (Ser, Gln, Asp) und CO2 aufgebaut. Im Gegensatz zur Pyrimidinsynthese erfolgt die schrittweise Fertigung um einen Adaptor, also in β-N-glykosidischer Bindung an Ribose-5-phosphat (Donor ist PRPP, mit α-anomerer Bindung des Pyrophosphats an Ribose-5-phosphat).

Dieser Syntheseweg bietet ein weiteres Beispiel für Hemmung durch Endprodukte, also Purinnukeotidmonophosphate, und zwar allosterisch gleich auf Stufe 1: hier entsteht 5-Phosphoribosylamin (in β-Anomerie). Das hierfür verantwortliche Enzym transferiert [NH2] aus dem Säureamid von Gln auf die C1 Position von Ribose (Amidophosphoribosyltransferase), dieses Stickstoffatom wird zu N9 des Purinsystems (Imidazolteil). Im nächsten Schritt tritt Glycin (Gly) hinzu, bildet ein Amid (Glycinamid). Wie z.B. in der Gln Synthese, wird die Carboxylgruppe von Gly zuerst zum Acylphosphat aktiviert (durch ATP, deshalb Synthetase) und dann eingebaut.

Mit diesem Einbau ist der nächste Schritt vorherbestimmt: die -CH2OH Gruppe aus Ser (führte zu Gly), oxidiert zum Formyl, wartet auf ihren Einsatz, die NH2-Gruppe des Gly-Teiles ist ein geeigneter Akzeptor, wirkt als Nukleophil, um die Formylgruppe aus N10-Formyl-THF zu übernehmen. Es entsteht Formylglycinamidoribonukleotid. Aus dem Amid wird – mit Gln als NH2-Donor (für N3 des Purins) – danach ein Amidin (Synthetase, also ATP Verbrauch).

Die Konstellation, d.h. räumliche Nähe, von Formylgruppe und dem NH (an Ribose) ist günstig für Ringbildung (der Aldolkondensation vergleichbar). Unter ATP Verbrauch und Abspaltung von Wasser bildet sich der 5-Ring des Imidazols (Amidin wird durch Elektronenumlagerung zu Amino), also das 5-Aminoimidazol-ribonukleotid.

Das C6-Atom stammt (biotinunabhängig) von HCO3- (wieder ATP Verbrauch): jetzt fehlen uns nur noch 2 Atoma zum Purin. Wie im Harnstoffzyklus tritt Asp in eine Amidbindung in das 5-Carboxylat ein und läßt nach Spaltung des N-Succinyl Derivates durch die spezifische Lyase sein N-Atom als N1 am Purin zurück, also jetzt 4-Carboxamid, Fumarat wird frei.

Das letzte Atom (also C2) wird wiederum von THF geliefert, als N-Formyl auf N3 (von Gln) des späteren Ringes präsentiert: Ringschluß erfolgt analog zur Imidazolbildung unter Wasserabgabe (in einem bifunktionellen Enzym). Es entsteht das Nukleotid Inosinmonophosphat (IMP; Inosin kennen wir schon vom Wobbling; die freie Base des Inosins heißt Hypoxanthin).

IMP wird zügig zu AMP oder GMP umgewandelt. Die Umwandlung von C6 Oxo (Hydroxy) zu C6 Amino erfolgt wie der Einbau von N1 in den Purinring: Asp wird im ersten Schritt als N-Succinat eingebaut (GTP wird zur Aktivierung am Ring, also zur Phosphorylesterbildung eingesetzt), Lyase spaltet Fumarat ab (damit also Asp nicht Gln als NH2-Donor).

GMP wird in einem 2-Schrittverfahren produziert: zuerst wird IMP (also nicht Hypoxanthin wie bei Xanthinoxidase, s.u.) an C2 in einer NAD+-abhängigen Reaktion oxidiert. Betrachten wir den Purinring, entsteht aus Hypoxanthin das Xanthin, also XMP, welches Akzeptor für die -NH2 Gruppe aus Gln ist (ATP ist der Energielieferant). Bitte beachten Sie: GTP und ATP sind wechselseitig an ihrer Biosynthese aus IMP beteiligt, so daß dieses Wechselspiel ausbalancierte Produktbildung garantiert. Neben dieser reziproken Beziehung gibt es Feedback-Hemmungen durch AMP (Umwandlung von IMP zu AMP) und GMP (Umwandlung von IMP zu XMP).

Werden Nukleinsäuren abgebaut, entstehen freie Purinbasen. Sie werden durch biochemisches Recycling wiederverwertet (sog. „salvage pathway“). Die Basen (also Adenin oder Hypoxanthin/Guanin) werden durch Transferasen auf den Phsophoribosylakzeptor übertragen, z.B. durch Hypoxanthin/Guanosin-Phosphoribosyl-Transferase (HGPRT).

Der Abbau der Purine erfolgt zentral über IMP. Nach Spaltung der N-glykosidischen Bindung wird dessen Hypoxanthinringsystem durch das molybdän- und eisenhaltige Flavo-Enzym Xanthinoxidase in zwei Schritten zu Harnsäure umgesetzt (ein Atom Sauerstoff wird eingebaut und H2O2 wird frei – Glutathionperoxidase (mit Se) und auch Katalase entgiften dieses starke Oxidationsmittel, wie besprochen). In der Enolform liegt die Konstellation vor, die den Säurecharakter begründet. Das „purum uricum“ führte E. Fischer 1898 dazu, den Namen „Purin“ für die Familie von Harnsäure-ähnlichen Substanzen einzuführen. Zu ihr gehören auch Koffein und Theophyllin.

Da Harnsäure nur begrenzt wasserlöslich ist, spart die Stickstoffexkretion über Harnsäure Wasser (Harnstoff würde einen hohen osmotischen Druck erzeugen!). Nicht Primaten-Säugetiere setzen Urat-Oxidase zur Allantoinbildung ein, welche speziesabhängig bis zu Harnstoff und (durch Urease) Ammonium (bei Wirbellosen und Meerestieren) abgebaut wird.

Harnsäure verfügt übrigens wie Ascorbat oder Bilirubin über anti-oxidative Eigenschaft, es entstehen u.a. Allantoin oder das Uratradikal. Steigt (z.B. durch entsprechende Nahrungsaufnahme) der Uratspiegel im Blut, kommt es zur Gicht (kristalline Ablagerungen in Gelenken und Niere). An die Stelle der medikamentösen Hemmung der Xanthinoxidase (durch Allupurinol) kann zuerst die Umstellung der Diät treten (weniger purinreiche Lebensmittel wie Fleisch). Hyperurikämie und Nierensteinleiden treten auch beim Lesch-Nyhan-Syndrom auf, das auf HGPRT-Mangel/Ausfall beruht (da die IMP/GMP-Spiegel durch fehlende Wiederverwertung) sinken, entfällt die negative Regulation des Startschrittes der Purinsynthese (s.o.); vermehrte Neusynthese bedingt dann auch zentralnervöse Störungen).

Und damit können wir uns nun der Lösung des Problems zuwenden, wie aus Ribose Desoxyribose wird.

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